Pflegerin schaut auf Bildschirm in einem Krankenhaus.
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Alt genug für die Zukunft

Medizin
Reportage
Innovation

Gesundheit und Pflege sollten sich auf ein älter werdendes Österreich vorbereiten. Ein Impulspapier zeigt, was Fachleute aus Ökonomie, Forschung und Gesundheitsversorgung empfehlen.

Von Annemarie Kramser

2045 wird jede zehnte Person in Österreich über 80 Jahre alt sein. „Der demografische Wandel ist längst Realität. Und wenn wir jetzt nicht handeln, bringt er unser Gesundheits- und Sozialsystem an seine Grenzen“, warnt Michael Heinisch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vinzenz Gruppe.

Erste Auswirkungen auf das Gesundheits- und Sozialsystem spüren wir schon heute. Es wird schwieriger, pflegebedürftige Angehörige rasch gut unterzubringen, in ländlichen Regionen eine*n Fachärzt*in zu finden oder zeitnahe einen Termin für bestimmte OPs zu bekommen.

Diese Alltagserfahrungen sind keine Einzelfälle. Sie sind Symptome eines demografischen Wandels, der unser Gesundheits- und Sozialsystem zunehmend unter Druck setzt. Was lange als Zukunftsszenario galt, ist längst Realität und die Entwicklung beschleunigt sich.
Gleichzeitig gibt es immer weniger Erwerbstätige, also Menschen, die das System finanzieren und darin arbeiten.

Die Schere zwischen wachsenden Bedürfnissen und schrumpfenden Ressourcen geht immer weiter auf.
Diese Entwicklung betrifft das Gesundheits- und Sozialwesen unmittelbar. „Darum wollen wir nicht warten, bis der Wandel uns überrollt, sondern ihn aktiv gestalten“, sagt Heinisch. Mit dem Impulspapier „Alt genug für die Zukunft“ stellt die Vinzenz Gruppe eine zentrale Frage: Was muss sich ändern, damit unser Gesundheits- und Sozialsystem auch morgen noch für alle funktioniert? Fachleute aus Forschung, Ökonomie und Versorgung liefern dazu konkrete Perspektiven. Der Tenor ist klar: Der Wandel ist real und er lässt sich gestalten.

Komplexitätsforscher Peter Klimek bringt es auf den Punkt: „Wir können Krankheiten hinauszögern, wenn wir gezielt vorbeugen und Daten sinnvoll nutzen.“ Er zeigt, wie Datenanalysen helfen können, kritische Entwicklungen in den Versorgungssystemen früh zu erkennen – etwa dann, wenn viele Hausärzt*innen gleichzeitig in Pension gehen. Wer solche Trends rechtzeitig sieht, kann gezielt gegensteuern und verhindern, dass Versorgungslücken überhaupt entstehen.

Auch Gesundheitsökonomin Maria Magdalena Hofmarcher-Holzhacker sieht in der Alterung keine Krise, sondern einen Auftrag: „Die Herausforderung liegt nicht im Altern, sondern in der Anpassung unserer Strukturen.“ Besonders wichtig sei das Zusammenspiel von Gesundheit und Pflege: „Die beiden Systeme müssen wie ein Orchester zusammenwirken: abgestimmt, miteinander, nicht nebeneinander.“

Wir leben länger, das verändert das Gesundheitswesen.

Dr. Heinisch stehend

Dr. Michael Heinisch

Vorsitzender der Geschäftsführung der Vinzenz Gruppe

Genau an dieser Schnittstelle setzt auch Alexander Biach, Generaldirektor der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS), an: Er fordert, Patient*innen dorthin zu leiten, wo sie am besten versorgt werden, und nicht dorthin, wo es am teuersten ist. Ambulante Angebote, digitale Lösungen und gut abgestimmte Versorgungswege könnten dabei helfen, das System effizienter zu machen, und sind gleichzeitig näher an den Bedürfnissen der Menschen.

Der finanzielle Druck steigt

Während Biach auf Steuerung setzt, warnt Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrates, vor finanziellen Grenzen: „Schon heute fließt ein großer Teil öffentlicher Mittel in Pensionen, Pflege und Gesundheit. Reformen sind unvermeidlich, wenn wir das System langfristig stabil halten wollen.“ Es gehe nicht darum, weniger Geld auszugeben, sondern intelligenter zu investieren, damit Leistungen auch morgen noch dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

Gut älter werden für uns alle

Die Fakten sind klar: Wir leben länger und das verändert unser Gesundheitssystem grundlegend. Aber Altern ist keine Krise. Es ist ein Auftrag an uns alle: Politik, Wissenschaft, Kliniken und Gesundheitseinrichtungen. Aber auch an jede*n Einzelne*n.

Denn wer heute Angehörige*r ist, kann morgen Patient*in sein. Und wer heute begleitet, braucht vielleicht selbst einmal Unterstützung.

Heinisch: „Die Vinzenz Gruppe bringt sich als Gesundheitsanbieterin, als Impulsgeberin und als Partnerin aktiv ein. Mit einem klaren Ziel: dass Österreich nicht nur älter wird, sondern dabei auch gesund, würdevoll und gut begleitet alt sein kann.“

Was es jetzt braucht: Die fünf Forderungen der Vinzenz Gruppe

• Zuständigkeiten klären, um Systembrüche und Suboptimierung zu vermeiden

• Prävention und Gesundheitskompetenz stärken, um Krankheiten zu verhindern

• Daten sinnvoll nutzen, um Engpässe frühzeitig zu erkennen

• Integrierte Versorgung ermöglichen, um Menschen in Gesundheitsnetzwerken zu begleiten

• Finanzierung neu denken, damit Mittel dort ankommen, wo sie wirken

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