Oberärztin Mag.a Dr.in Kathrin Bauer ist Urologin, Kunsthistorikerin und Harfinistin. Die routinierte Chirurgin beherrscht den Operationsroboter Da Vinci Xi dreimal schneller als die Kolleg*innen in Europa.
Von Claudio Honsal
Vinzenz magazin: Was bewog Sie, Urologin zu werden?
Mag.a Dr.in Kathrin Bauer: Während des Studiums arbeitete ich in der Ordination eines Urologen und stellte fest, dass das Themengebiet genau meins ist. Es bietet ein umfangreiches Spektrum, betrifft Männer wie Frauen und ist ein chirurgisch-operatives Fach. In der Klinik famulierte ich an der Urologie und wusste, das ist der Grund, warum ich Medizin studiert habe.
Reagieren Männer anders auf eine Urologin als auf einen Urologen?
Am Anfang war es so, dass sie etwas sensibel waren. Das änderte sich aber gravierend, weil immer mehr Frauen das Fachgebiet wählen. Mittlerweile sind wir bei einem Halbe-halbe-Anteil angekommen.
Außergewöhnlich ist auch Ihr Arbeitsgerät im OP-Saal, der Da Vinci Xi Operationsroboter.
Tumor- und Großchirurgie hat mich immer gereizt. Mein Ziel war es, die Laparoskopie zu perfektionieren. Die Chance, mit einem der modernsten Hightechgeräte der Welt aufwendige Operationen wie eine radikale Prostatektomie (Anm.: die Entfernung der Prostata inklusive angrenzendem Gewebe bei Krebs) minimalinvasiv durchzuführen, machte meinen Traum wahr.
Bei Roboter-OPs stellen Sie Rekorde auf. Sie benötigen im Schnitt 35 bis 50 Minuten. Der EU-Schnitt liegt momentan aber bei 124 Minuten. Wie geht das?
Von den urologisch-chirurgisch tätigen Ärzt*innen gibt es zurzeit niemanden, der so viele Robotereingriffe hintereinander durchführt. Meine Fingerfertigkeit liegt aber nicht nur an mir, sondern vor allem daran, dass wir hier im Krankenhaus alle Eingriffe völlig standardisiert machen, und an der Routine des gesamten OP-Personals. Von meinen insgesamt 1.500 Operationen führte ich 400 Prostatektomien durch. Davon rund 200 mit dem Robotersystem. Mit Da Vinci arbeiten wir seit 2022. Pro Woche sind es zehn robotische OPs, das bringt Routine.
Sie sind nicht nur eine begnadete Chirurgin, sondern schlossen auch ein Kunstgeschichtestudium ab. Warum?
Ich absolvierte in Salzburg ein musisches Gymnasium mit Schwerpunkt Kunst und eine Harfenausbildung. Daher entschied ich mich danach für Kunstgeschichte. Meine Diplomarbeit schrieb ich über die anatomischen Wachsmodelle im Josephinum. Da entflammte wohl meine Passion für die Medizin neu, die ich immer schon hatte.
Sie sind Mutter von zwei kleinen Kindern. Wie bewältigen Sie Karriere und Familie?
Unser Sohn ist zwei, die Tochter vier Jahre alt. All das schaffen wir nur mit viel Organisationstalent und weil ich mir die Arbeit mit meinem Mann halbe-halbe aufteile. Zuhause, in unserer gemeinsamen Ordination wie auch im Krankenhaus. Freizeit bleibt uns nur wenig, wir sind eben gerade in der Aufbauphase. Aber es ist alles machbar.
Würden Sie sich selbst als Powerfrau bezeichnen?
Nein. Es gibt keinen Unterschied zu anderen Jobs, in denen Frauen ebenfalls Arbeit und Familie unter einen Hut bringen müssen. Wir arbeiten außerdem nicht rund um die Uhr. Aber oft fließen medizinische Themen ins Privatleben ein. Das bekommen auch die Kinder mit. Sie wissen, wann Mama und Papa im OP oder der Ordination sind. Wir versuchen aber, so viel Zeit wie möglich privat zu verbringen.
Vita
Passion und Organisation
Oberärztin Mag.a Dr.in Kathrin Bauer wurde 1988 in Salzburg geboren. Neben dem musischen Gymnasium und Kunstgeschichtestudium schloss sie eine Harfenausbildung ab, bevor sie in Wien das Medizinstudium begann. Im Zuge ihres Nebenjobs bei einem Urologen entflammte ihre Passion für die Fachrichtung. Seit 2017 arbeitet sie als Urologin im Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien und spezialisierte sich auf die urologische Tumorchirurgie mit dem Da Vinci-Robotersystem, als eine von wenigen Ärzt*innen. Mit ihrem Ehemann, Primar Dr. Wilhelm Bauer, Vorstand der Urologie am Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien, betreibt sie im 19. und im 6. Bezirk zwei Privatordinationen. Sie ist zweifache Mutter, lebt mit der Familie in Klosterneuburg und findet im Laufen, Wandern und Radfahren Ausgleich zum Beruf.
Bild: Marcus Deak