Schwangere Frau bekommt Ultraschall
zurück zur Übersicht

Diabetes in der Schwangerschaft

Medizin
Reportage
Innovation

Die Diagnose ist die häufigste Erkrankung von Müttern in spe. Was Frauen wissen müssen und wie sie therapiert werden, erklärt die Leiterin der Gestationsdiabetesambulanz.

Von Karin Lehner

Die Diagnose lautet auf Schwangerschaftsdiabetes, festgestellt via Blutabnahme beim oralen Glukosetoleranztest (oGTT). Die ersten Gedanken von Yery Ruiz-Roßbacher, heute 37: „Ich hoffe, mein Kind wird gesund.“ Aber warum? „Ich ernähre mich doch gesund.“ In der Familie gibt es keine genetische Vorbelastung. Die Hormonumstellung in der Schwangerschaft kann die Entstehung beeinflussen. Wie Untersuchungen zeigen, entwickelt sich das Baby normal. Doch die Patientin muss Insulin spritzen. Sie reduziert Nudeln, Reis und Brot aus Weißmehl und ersetzt sie durch Vollkornprodukte.

Gestations- (= Schwangerschafts-)diabetes erhöht das Risiko für Präeklampsie mit Bluthochdruck und Proteinurie (Eiweiß im Urin), im Volksmund fälschlicherweise Schwangerschaftsvergiftung genannt. Sie trifft auch Ruiz-Roßbacher und die Geburt wird eingeleitet. Laura kommt mit normalen Werten Anfang Februar 2024 gesund zur Welt.

Auch bei der zweiten Schwangerschaft leidet Ruiz-Roßbacher an Gestationsdiabetes. Wieder ist das Baby laut Organscreening gesund. Zur Verringerung des Präeklampsierisikos nimmt sie bis zur 35. Woche 150 mg Acetylsalicylsäure ein. „Den Verlauf einer Schwangerschaft mit Diabetes kann jede Frau aktiv positiv beeinflussen,“ sagt Dr.in Sandra Walter, Allgemeinmedizinerin und Leiterin der Gestationsdiabetesambulanz im St. Josef Krankenhaus Wien.

In Österreich erkrankt etwa jede zehnte Schwangere an Diabetes. Allerdings sei die Dunkelziffer hoch: „In den letzten 15 Jahren nahm die Anzahl der Betroffenen stark zu.“ Grund ist ein schlechter Lebensstil mit ungesundem Essen, viel Zucker, Übergewicht und wenig Bewegung. „Diabetes ist nun die häufigste Erkrankung in der Schwangerschaft.“ Verantwortlich ist hier ein erhöhter Bedarf an Insulin.

Jede zehnte Schwangere betroffen

„Ab der 20. Woche ist eine gewisse Insulinresistenz normal, damit das Kind genügend Nährstoffe bekommt“, weiß Walter. Doch kommen familiäre Vorbelastung, ein früherer Gestationsdiabetes, Übergewicht, höheres Alter (ab 35) oder Abstammung aus einer arabischen, süd-(ost-)asiatischen bzw. lateinamerikanischen Ethnie dazu und übersteigt die Insulinresistenz das normale Maß, entwickelt sich häufig Schwangerschaftsdiabetes. „Auch Frauen, die sich zu 80 Prozent gesund ernähren, können erkranken.“

Anfangs ist die Erkrankung nicht zu bemerken. Die Diagnose erfolgt zwischen der 24. und 28. Woche. „Idealerweise sollte auch der Langzeitzuckerwert HbA1c bestimmt werden“, sagt Walter. Später entwickeln sich oft Probleme für Mütter wie Babys. Erstere riskieren Bluthochdruck, Frühaborte, Kaiserschnitte und Geburtsverletzungen. „Wenn die Mutter hohe Blutzuckerwerte hat, dann auch das Neugeborene, das sehr groß werden kann.“ Babys leiden oft unter Müdigkeit, Atembeschwerden, Unterzuckerung oder Gelbsucht.

Die Therapie des Schwangerschaftsdiabetes unterscheidet sich vom Typ 2. Bei Letzterem wird zuerst eine Lebensstiländerung angestrebt. Danach kommen Medikamente wie Metformin und/oder Insulin in Betracht. „Beim Gestationsdiabetes ist die Insulingabe vorrangig. Können Frauen damit nicht gut eingestellt werden, ist nun zusätzlich Metformin zugelassen.“

Erhöhtes Typ-2-Risiko

Obwohl der Schwangerschaftsdiabetes nach der Geburt vergeht, bleibt das Risiko einer Typ-2-Erkrankung für Mutter und Kind. „Bis zu 50 Prozent der Frauen erkranken drei bis fünf Jahre danach“, weiß Walter. Sie empfiehlt regelmäßige Blutzuckerkontrollen, gesunde Ernährung mit Gemüse, Vollkorn sowie Nüssen und viel Bewegung. „Schon eine halbe Stunde flottes Gehen oder Treppensteigen – sofern von gynäkologischer Seite möglich – bewirkt eine Blutzuckersenkung und ist damit hilfreich.“

Lexikon: Diabetes

  • Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, die bereits in der Jugend auftritt. Die Zellen produzieren nicht genügend Insulin.

  • Typ 2 ist eine erworbene Erkrankung im späteren Alter. Auslöser sind ein ungesunder Lebensstil mit schlechter Ernährung, wenig Bewegung, viel Zucker, Rauchen etc.

  • Schwangerschafts- (Gestations-)diabetes tritt durch die Hormonumstellung auf und verschwindet danach wieder. Allerdings erhöht er das Risiko für eine Typ-2-Erkrankung in den Folgejahren.

Ärztin berät schwangere Frau
Messgerät für Schwangerschaftsdiabetes
Insulin Pen
Messgerät für Schwangerschaftsdiabetes
Insulin Pen

Headerbild: Ultraschall: Yery Ruiz-Roßbachers Baby entwickelt sich ganz normal.
© Rotraud Priesner

Ähnliche Beiträge zu diesem Thema