Gesundheit kennt keine Grenzen
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Gesundheit kennt keine Grenzen

Reportage
Medizin
Unsere Einrichtungen

Ein Verein hilft Kindern und Jugendlichen, die in ihrer Heimat nicht medizinisch versorgt werden können. In Wien-Speising werden sie behandelt und operiert.

Von Heike Kossdorff

Amelda kommt aus einem kleinen albanischen Dorf und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Die heute 13-Jährige hat seit der Geburt zwei verschieden lange Beine. Weil die Differenz mehr als acht Zentimeter beträgt, ist die Mobilität stark eingeschränkt. Ohne Krücken kann das Mädchen nicht gehen. Sport ist unmöglich. Da die schwere Bein-deformation in der Heimat nicht behandelt werden kann, ist auch die psychische Belastung hoch.

Der Verein Allianz für Kinder bringt pro Jahr rund 100 junge Patient*innen aus Moldawien, Afghanistan und dem Kosovo zu notwendigen Operationen nach Österreich. Auch Amelda bekommt endlich Hilfe, um bessere Beweglichkeit und damit Lebensqualität zu gewinnen.

Bindung zu Behandelten

Einer der Hauptkooperations­partner­*innen des Vereins ist das Orthopädische Spital Speising in Wien. Hier werden pro Jahr rund zehn Kinder aus diesen Ländern mit schweren wie angeborenen Erkrankungen des Bewegungsapparates kostenlos behandelt. Ing. PhDr. Bernhard Tousek ist Geschäftsführer des Orthopädischen Spitals Speising und ein Fürsprecher der Unterstützung. „Als gemeinnütziges Krankenhaus und Ordensspital sehen wir es als unsere Aufgabe an, Menschen in großer sozialer Not zu helfen. Gerade, wenn es um die ganz Schwachen und Jungen geht.“

Zu den häufigsten Eingriffen zählen wie bei Amelda Beinverlängerungen. Die Ärzt*innen der Abteilung für Kinderorthopädie und Fußchirurgie sind auf diese Behandlungen und Korrekturen von Deformitäten spezialisiert. Oberarzt Priv.-Doz. Dr. Christof Radler leitet das Expert*innenteam. Im Zuge der Kooperation zwischen seinem Arbeitgeber und dem Verein operiert er seit vielen Jahren Kinder aus Krisengebieten. „Das ist etwas ganz Besonderes, weil die Patient*innen schon in jungem Alter das erste Mal zu uns auf die Station kommen und dann bis zum Wachstumsende hier in Behandlung sind. Dadurch entsteht ein sehr enger Kontakt.“

Die Patient*innen aus Albanien mit dem Stationsteam

Beinverlängerung ist möglich

Zeitgleich mit Amelda werden hier derzeit drei weitere Kinder aus Albanien medizinisch betreut, der zehnjährige Klevi, der neunjährige Emis und der erst sieben Jahre alte Mateo. Sie leiden alle an schweren Beindeformitäten. Bei Beinlängendifferenzen und komplexen Fehlstellungen der unteren Extremität kommt in Speising seit vielen Jahren der externe Ringfixateur „Taylor Spatial Frame“ zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein zylindrisches Gestell aus Metallringen, die mit dünnen Drähten und/oder Schrauben am Knochen befestigt sind. Die Position der Ringe zueinander wird durch spezielle Verbindungsstangen angepasst.

„Der Taylor Spatial Frame wird außen am Bein montiert und von den Betroffenen selbst laufend nachgestellt. Dadurch wird der während der vorhergehenden Operation durchtrennte Knochen auseinandergezogen, über Monate hinweg begradigt und so verlängert“, erklärt Radler das Prozedere.

Heimweh und Sprachbarrieren

Der Eingriff und die Therapie sind komplex wie kostenintensiv. Das erfordert laut Radler „großes Engagement von allen Beteiligten“. Die aufwendige Pflege und Betreuung der Kinder während des Aufenthaltes in Wien übernehmen engagierte Gastfamilien. Die Familienmitglieder begleiten alle Kinder zu ihren Kontrolluntersuchungen nach Speising. Amelda, die bereits als Baby das erste Mal zur Therapie in Wien war, ist mittlerweile zum vierten Mal hier. Ihre Betreuerin spricht albanisch, deshalb fällt die Kommunikation leicht. Außerdem versucht das Mädchen, sich mit den Ärzt*innen auf Englisch zu verständigen.

Bei Schwierigkeiten kommt eine Übersetzungs-App zum Einsatz. In anderen Fällen ist die Kommunikation jedoch schwieriger. „Das ist dann besonders schade, wenn wir den Kindern die Angst nehmen wollen“, berichtet Radler aus langjähriger Erfahrung. „Aber je länger wir uns kennen, desto besser klappt das.“

Als besonders positiv bewertet er die Tatsache, dass die jungen Patient*innen oft als kleine Gruppe nach Speising reisen. „Es ist schön, dass sie einander haben, weil es schon schwer genug ist, ohne Eltern weit weg von zu Hause zu sein.“ Amelda hat manchmal starkes Heimweh. „Ich vermisse meine Familie.“ Gleich darauf lächelt sie aber über das ganze Gesicht, als einer der drei Buben einen Scherz macht. Zur Kontrolle erscheint sie im Rollstuhl, das linke Bein im Fixateur ausgestreckt. Im Behandlungsraum demonstriert sie, dass sie auf Krücken bereits kurze Distanzen zurücklegen kann. Die Untersuchung erfolgt durch Dr.in Alexandra Stauffer, der zweiten Fachärztin im Deformitätenteam. Sie zeigt, dass das verkürzte Bein schon einen Zentimeter länger geworden ist. Doch das Ziel sind mindestens weitere sechs, damit Amelda endlich Normalität genießen kann.

Spenden

Der Verein Allianz für Kinder hilft, wenn Letztere in Krisengebieten krank oder verletzt sind und es in ihrer Heimat keine Aussicht auf medizinische Betreuung bzw. dringend notwendige Operationen gibt. Spenden unter https://allianz-fuer-kinder.at

Bilder: Alek Kawka, Orthopädisches Spital Speising

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