Pflegerin hält Neugeborenes.
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Medizinische Hilfe für Nigeria

Medizin
Reportage

Zwei junge Anästhesiepfleger reisten mit einem chirurgischen Team aus Österreich in das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Sie dokumentierten ihre außergewöhnlichen Erlebnisse während eines Hilfsprojektes.

Von Heike Kossdorff

Ein Sonntag im Jänner 2025 im Madonna Austrian Hospital Ihitte im Südosten Nigerias. Lukas Schneider, 28, und Maximilian Helbok, 27, beide Anästhesiepfleger aus dem Orthopädischen Spital Speising, nützten ihren freien Tag, um die Operationssäle aufzuräumen. Doch dann ein Notfall, erinnert sich Schneider. „Plötzlich kam unsere Anästhesistin Gerlinde um die Ecke und meinte, jetzt muss es zackig gehen.“ Bei einer schwangeren Frau aus einem nahegelegenen Dorf musste aufgrund einer Nabelschnur­umschlingung ein Notkaiserschnitt durchgeführt werden.

Die beiden Anästhesiepflegekräfte versuchten, die Patientin zu beruhigen, während sie im OP alles für eine Spinalanästhesie vorbereiteten, den sogenannten Kreuzstich. Kurze Zeit später war das Baby, ein Bub, auf der Welt. Er wurde William Sunday genannt, nach dem Tag seiner Geburt. Ein besonderer Moment für die beiden österreichischen Pfleger. „Wir kommen aus einem orthopädischen Haus. Hier finden üblicherweise keine Geburten statt. Der Kaiserschnitt war eine außergewöhnliche Situation für uns“, erklärt Helbok. Und Schneider ergänzt: „Natürlich macht man sich Gedanken, was ist, wenn es dem Kind nicht gut geht. Denn eine Neonatologie oder Intensivstation gibt es im Dorf nicht.“ Doch hier lief alles glatt.

Das Madonna Austrian Hospital wurde zwischen 2009 und 2013 auf Initiative des Pfarrers Emeka Emeakaroha gebaut, zur Sicherung der medizinischen Grundversorgung der rund 70.000 Einwohner*innen des Bezirks. Finanziert wurde es mit Spendengeldern aus Österreich, denn Emeakaroha ist Pfarrer in den niederösterreichischen Gemeinden Weinburg und Ober-Grafendorf. Er stammt aus einer traditionellen Ibo-Häuptlingsfamilie, die seit mehr als 200 Jahren die Stellung des Dorfvorstandes innehat. Zurzeit ist sein Vater Häuptling.

Arzt zeigt Kind auf dem OP-Tisch etwas auf dem Handy.

Das OP-Team leitet die Narkose für eine Hernienoperation ein. / © Lukas Schneider (@infocus.ls) / @oss.spezial

Abseits touristischer Pfade

Im Spital sorgen zwei Ärzt*innen und einige Pflegekräfte für die Betreuung. Außerdem reisen regelmäßig medizinische Fachkräfte aus Österreich nach Nigeria, um im Madonna Austrian Hospital Operationen durchzuführen und das örtliche Personal zu unterstützen. Schneider und Helbok wurden durch eine befreundete Anästhesistin und ihren Sohn auf das Hilfsprojekt aufmerksam. „Ich wollte erfahren, wie die Arbeit in einem Krankenhaus unter völlig anderen Umständen ist“, so Schneider. Und sein Kollege wollte Einblicke abseits touristischer Pfade bekommen. „Wie werden Schmerz und Krankheit in anderen Kulturen erlebt?“ Beide absolvierten den Aufenthalt in ihrer Freizeit.

Für zwei Wochen lebten die beiden Pfleger in einem kleinen Dorf im Busch. Zur Stromversorgung gab es einen Generator. Doch der lief nur rund zwei Stunden pro Tag. Gekocht wurde über Feuer. Da es in Nigeria durch interne Konflikte und die Terrorgruppe Boko Haram gefährlich werden kann, ist das gesamte Krankenhausareal abgeschirmt. Schneider erinnert sich an strenge Sicherheitsmaßnahmen. „Wir waren während unseres gesamten Aufenthalts immer in Begleitung von bewaffneten Securitys und durften das bewachte Areal nie alleine verlassen.“ Doch laut Helbok gab es nie eine Situation, in der er sich unwohl oder bedroht gefühlt hätte.

Drei Männer in Krankenhaus-Bekleidung stehen neben einem nigerianischen Securitymann mit einem Gewehr.

Das OP-Team Max, Lukas und Moritz mit einem nigerianischen Securitymann. / © Lukas Schneider (@infocus.ls) / @oss.spezial

Die Dankbarkeit berührt

Die Dorfbewohner*innen nahmen die zwei Anästhesiepfleger herzlich auf, aber auch die Krankenhausmitarbeiter*innen und Patient*innen. „Die Menschen wirkten glücklich und lebensfroh“, bilanziert Schneider. Helbok berührte die Dankbarkeit der Menschen. „Um einen OP-Termin zu bekommen, schliefen sie teilweise einige Tage beziehungsweise Nächte auf dem Boden des Krankenhauses.“ Auch die Zusammenarbeit mit den lokalen Pflegekräften war produktiv. Abläufe wie die Anästhesiepflege, chirurgische Assistenz und das Instrumentieren wurden erklärt, gezeigt und gemeinsam geübt. Das stieß auf große Offenheit. Das örtliche Team zeigte ein hohes Engagement. Laut Schneider ist das nigerianisch-österreichische Team nun sehr gut eingespielt. „Wir sind dankbar, dass wir einzigartige Eindrücke sammeln durften, und können uns gut vorstellen, so etwas noch einmal zu erleben.“

Spendenkonto für das Spital

IBAN: AT83 4715 0463 0430 0000
BIC: VBOEATWWNOM
Lautend auf: Madonna Austrian Hospital Ihitte
Volksbank NÖ-Mitte

Website Projekt
www.emeka.at

Instagram @oss.spezial
Wer mehr über das Hilfsprojekt oder die Arbeit der beiden Anästhesiepfleger erfahren will, kann sich auf ihrem Instagram­-Account @oss.spezial informieren.

Headerbild: Das Notkaiserschnittbaby William Sunday mit der österreichischen Pflegerin Hannah auf der Neonatologie.
© Lukas Schneider (@infocus.ls) / @oss.spezial

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