Stürze von Patient*innen sind in der Pflege ein großes Problem. In der Linzer Akutgeriatrie/Remobilisation werden sie mit dem neuen RADAR-Beobachungssystem verhindert.
Von Karin Lehner
Der Bewegungsmelder an der Decke ähnelt einem Rauchmelder. Doch er sendet RADAR-Wellen aus. Sie sind 100-mal schwächer als die eines WLAN-Routers. Treffen sie auf etwas Bewegliches, werden sie reflektiert und von einem Empfangsgerät wahrgenommen. Letzteres registriert also Aktivität im Patient*innenzimmer, und das ganz ohne Kamera.
Eine im Hintergrund installierte KI erkennt so die Sturzgefahr und bewertet diese permanent. Wenn sich Patient*innen auf unübliche Art bewegen oder gar zu stürzen drohen, alarmiert das neue System Pflegekräfte auf ihrem Mobiltelefon. Sie können rasch reagieren und zu Hilfe eilen, weiß Karin Brenner, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin auf der Akutgeriatrie/Remobilisation am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. „So können wir rechtzeitig auf dem Zimmer sein, bevor etwas Schlimmeres wie ein Sturz passiert. Das ist ein sehr großer Gewinn für die Sicherheit unserer Patient*innen.“
Die KI nimmt selbst kleinste Bewegungen wie starkes Atmen, Zittern oder Unruhe wahr. Dadurch kann die Alarmierung an individuelle Bedürfnisse von Patient*innen angepasst werden. Ist jemand also besonders sturzgefährdet, lässt sich einstellen, dass Pflegekräfte bereits beim Aufsetzen im Bett gerufen werden. Damit ist das RADAR-Beobachtungssystem für Patient*innen in pflegerischer Betreuung ein Qualitätsgewinn, erklärt DGKP Martina Rouha, Bereichsleiterin Akutgeriatrie/ Remobilisation am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. „Damit verhindern wir rund die Hälfte aller Stürze im Vergleich zu vorher. Besonders in der Nacht, wenn weniger Pflegekräfte auf der Station sind.“
Früher wurden Alarmtrittmatten verwendet. Sie lagen neben dem Bett und wurden erst beim Betreten durch Patient*innen aktiviert. Weil sie über Funk funktionieren, gab es aber oft bis zu zehn Sekunden Verzögerung in der Alarmierung. Stürze mit oft schwerwiegenden Folgen für ältere Menschen konnten damit nicht immer verhindert werden.
Das neue RADAR-Beobachtungssystem ist schneller und effizienter. Weil es auch Daten zur Bewegungsaktivität in einem Zimmer sammelt, sehen Pfleger*innen über ein Dashboard, wann die aktivste Zeit ist. Sie können abschätzen, wann das Risiko für einen Sturz am höchsten ist, und rasch überprüfen, wie sehr sich Patient*innen im Bett bewegen. Diese Funktion kann bei Bedarf auch als aktive Vorbeugung gegen das Wundliegen eingesetzt werden.
Einbußen bei Privatsphäre und Datenschutz müssen Patient*innen dennoch nicht fürchten. Ohne Kameras bleibt die Beobachtung anonym. Außerdem werden keine Bilder gespeichert und keine Patient*innendaten generiert. Damit Pflegende wissen, wer sich wie bewegt, sind die Daten an das jeweilige Bett und nicht an Namen gekoppelt.
Bild: Die Pflegerin sieht am Monitor, wo sich jemand auffällig stark bewegt.
© Ordensklinikum Linz