
Ein neues sportorthopädisches Netzwerk ermöglicht Sporttreibenden im Verletzungsfall die niederschwellige Betreuung durch Spezialist*innen.
Von Heike Kossdorff
Tänzer*innen verzaubern nicht nur durch Anmut und Eleganz, sie vollbringen auch körperliche Höchstleistungen. Die permanente Be- und zeitweise Überlastung fordern aber ihren Tribut. Andreas Pohl ist mehrfach ausgezeichneter Tänzer, etwa österreichischer Staatsmeister Standard 2024, ehemaliger Profi bei Dancing Stars und Tanzsporttrainer. Er kennt die besonders verletzungsanfälligen Körperregionen gut. „Speziell im Fuß- und Sprunggelenkbereich kommt es zu überlastungsbedingten Beschwerden. Je nach Disziplin sind auch Hüfte, Wirbelsäule und Knie potenziell gefährdet.“
Bei einer Verletzung oder wenn bereits länger anhaltende Beschwerden große Schmerzen verursachen, ist eine Behandlung durch Expert*innen sinnvoll. Schließlich geht es nicht nur um medizinische Hilfe, sondern auch um die berufliche Existenz. „Bei uns ist der Körper das Kapital“, betont der Tanzprofi. Bei einem Unfall brauchen Betroffene also rasch die beste sportmedizinische Betreuung.
Genau hier setzt das neu gegründete sportorthopädische Netzwerk des Orthopädischen Spitals Speising an. Primar Priv.-Doz. DDr. Christian Albrecht, MBA ist Netzwerkleiter sowie Vorstand der ersten Abteilung, die den Fokus auf Sportorthopädie und gelenkserhaltende Orthopädie legt. „Sportverletzungen sind ein wichtiger und großer Bestandteil unseres klinischen Alltags. Mit dem Netzwerk sprechen wir gezielt Vereine und Profisportler*innen an, um ihnen unsere Expertise anzubieten. Es zeichnet sich durch die hochgradige Spezialisierung und interdisziplinäre Teamstruktur aus, auch bei komplexen Behandlungen und operativen Eingriffen.“
Viele Sportvereine in Österreich haben zwar eine eigene medizinische Betreuung, können aber nicht alle Bereiche der Sportmedizin von der Diagnosestellung bis zur Therapie abdecken. Dank des neuen Netzwerks besteht nun die Möglichkeit, dass der oder die Betroffene von Spezialist*innen behandelt wird, aus konservativer Orthopädie, Kinderorthopädie, orthopädischer Chirurgie oder Ergo- und Physiotherapie. So profitieren Sportler*innen vom geballten Fachwissen in puncto Schulter, Knie, Fuß, Wirbelsäule und Hüfte. Schließlich lautet das Ziel, schnell zurück zum Sport.

Sportärztin Melchert zeigt ein Kniegelenk.
Erster Partner des Netzwerks ist der Österreichische Tanzsportverband. Dr.in Patrizia Melchert, selbst Sportärztin und auf Tanz sowie Performing Arts spezialisiert, betreut medizinisch den Verband und ist von der Unterstützung begeistert. „Bei uns gibt es immer wieder komplexe orthopädische Fragestellungen, auch in puncto Kinderorthopädie, die per se ein sehr spezialisierter Bereich ist. Deshalb sind wir froh, über das neue Netzwerk kompetente medizinische Ansprechpartner*innen für unsere Athlet*innen zu haben und im Fall des Falles rasch und niederschwellig einen Operationstermin zu bekommen.“
Beim Tanzsportverband steht das sportorthopädische Netzwerk über die Zuweisung der Verbandsärztin vor allem dem österreichischen Nationalkader zur Verfügung, in besonderen Fällen aber auch anderen Tänzer*innen. So wird bei einer frischen Verletzung für Betroffene ein Termin in der Akutambulanz vereinbart. Nach der Erstdiagnose können weitere nötige Untersuchungen veranlasst werden, zum Beispiel eine Magnetresonanztomografie. Ist die Diagnostik abgeschlossen, wird in die entsprechende Spezialambulanz weiterverwiesen und die Therapie geplant. Bestehen Beschwerden hingegen schon länger, werden die Patient*innen direkt einer Spezialambulanz zugewiesen.
Die Kernkompetenz des Netzwerks reicht von der Diagnosestellung über die Therapie bis hin zur Operation. Weitere Angebote wie Physiotherapie oder andere Zusatzleistungen können im angeschlossenen Gesundheitspark in Anspruch genommen werden. Netzwerkleiter Albrecht blickt bereits in die Zukunft. „Hier möchten wir ein komplettes Paket für Sportler*innen anbieten, von der Leistungsdiagnostik bis zur Ernährungsberatung.“ Auch auf Prävention soll ein Hauptaugenmerk gelegt werden. Ein Punkt, den Tänzer Pohl besonders begrüßt. „Die Leistungen, die im Profisport gefordert werden, werden immer höher. Das darf nicht auf Kosten der Gesundheit gehen. Deshalb ist es wichtig, präventiv zu arbeiten.“
Die Spezialist*innen des sportorthopädischen Netzwerks verstehen die Wichtigkeit von Training und Sportausübung im Detail, in Leistungs- wie Vereinssport, weiß Albrecht. „Es ist wichtig, dass Athlet*innen Tipps für alternative Bewegungsmöglichkeiten bekommen.“ Auch Melchert möchte Sportler*innen nicht komplett pausieren lassen. „Das ist auch psychologisch nicht zu unterschätzen.“
Headerbild: Primarius Christian Albrecht untersucht die Gelenke des Profitänzers Andreas Pohl.
© Alek Kawka