Priv.-Doz. Dr. Gerd Bodlaj ist Facharzt für Gastroenterologie, Hepatologie, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen und therapiert diese. Er spricht im Interview über Risikofaktoren und den Einfluss des Lebensstils.
Von Claudio Honsal
Vinzenz magazin: Wie häufig kommt die Fettleber vor?
Priv.-Doz. Dr. Gerd Bodlaj: Sie ist eine häufige Erkrankung. Dabei ist mehr als fünf Prozent des Organs verfettet. Fettleber ist eine Wohlstandskrankheit, also die Organmanifestation des metabolischen Syndroms. Dazu gehören ein großer Taillenumfang und zusätzlich zwei weitere Kriterien wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, niedriges HDL-Cholesterin (= gutes) und erhöhter Nüchternblutzucker. Patient*innen haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Fettleberzirrhose und damit auf ein hepatozelluläres Karzinom. Zwei Drittel der Typ-2-Diabetiker*innen leiden an einer Fettlebererkrankung. Aber sie kann grundsätzlich jeden ereilen und tritt mit zunehmendem Alter häufiger auf. Bei gewissen Genkonstellationen sogar bei jungen, schlanken, gesundheitsbewussten Menschen.
Warum ist die Fettleber eine Wohlstandserkrankung?
In der Evolution gab es immer wieder Hungersnöte. Die Leber lagerte in Zeiten, in denen genug Nahrung vorhanden war, Reserven in Form von Fett ein. Und mobilisierte sie bei Mangel. Unser Stoffwechsel funktioniert noch immer so. Doch die Leber weiß nicht, dass es bei uns zum Glück keine Hungersnöte mehr gibt, und speichert bei reichlicher Nahrungszufuhr immer mehr Fett ein. Um Letzteres aus der Leber zu mobilisieren, müssen wir Mangelernährung simulieren, indem wir mehr Energie verbrauchen als zuführen, zum Beispiel durch Sport.
Was ist der Unterschied zwischen alkoholischer und nicht-alkoholischer Fettleber?
Bei der alkoholischen Fettleber wird eine gewisse Alkoholmenge pro Tag überschritten, die die Verfettung verursacht. Wesentlicher ist jedoch die Unterscheidung zwischen reiner Fettleber ohne und mit Entzündung, also der Fettleberhepatitis. Wenn sich Fett in der Leber entzündet, kann es dazu kommen, dass Leberzellen untergehen und diese kleinen Defekte durch Narbengewebe ersetzt werden. Die Leber vernarbt immer mehr und besteht irgendwann zu einem großen Teil aus Narbengewebe, der Fettleberzirrhose.
Priv.-Doz. Dr. Gerd Bodlaj / © Marcus Deak
Wie wird eine Fettleber diagnostiziert?
Das Heimtückische ist, dass sie keine typischen Symptome erzeugt, keine Schmerzen verursacht. Im Ultraschall erscheint die Leber heller als normal. Bei Fettleberhepatitis kann man die Entzündung oft auch in den Blutwerten nicht sehen. Wenn eine Leberzirrhose vorliegt, kann es zum Auftreten von Komplikationen kommen, die die Lebenserwartung deutlich reduzieren. Zum Beispiel Leberkrebs, wobei sich 90 Prozent aller Fälle bei Patient*innen mit Leberzirrhose finden. Risikopatient*innen sollten sich mittels FibroScan untersuchen lassen.
Wie wird eine Fettleber vermieden?
Mit einem gesunden Lebensstil. Also einer kalorienreduzierten, dem Energieverbrauch angepassten Ernährung. Der Energieverbrauch, der das Fett aus der Leber mobilisiert, kann durch regelmäßige sportliche Aktivität gesteigert werden. Gewichtsreduktion führt zu deutlichen Verbesserungen.
Und wenn das nicht ausreicht?
Dann braucht es medizinische Maßnahmen. Dazu gehören Medikamente, wobei es in Österreich noch keines für die Behandlung von Fettleber gibt. Hier wird die Verfügbarkeit der in den USA bereits eingesetzten Substanz Resmetirom für 2026 erwartet. Eine Möglichkeit bietet auch die bariatrische Chirurgie, die Gewichtsreduktion zum Ziel hat. Die Setzung eines Magenbypasses führt auch zu einer Veränderung von Hormonen, sodass es zu einem schnelleren Sättigungsgefühl und besserer Insulinwirkung kommt.
Kann eine Fettleber akut werden?
Eine nicht-alkoholische Fettleber praktisch kaum. Bei der alkoholischen kann es in manchen Fällen zu einer Fettleberentzündung kommen, die in einzelnen Fällen auch zum Leberversagen führen kann. Wesentlich häufiger sehen wir die Spätkomplikationen wie Zirrhose und Leberkrebs. Aber durch entsprechende Lebensstilmaßnahmen und Therapien kann es zu einer Rückbildung der Fettleber kommen.
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